Bauschäden
Achtung,
noch mehr Stolpersteine (II)
mikado
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Immer wieder Stolpersteine auf dem Weg zum dauerhaft funktionstüchtigen
Dach.
Wie bereits im ersten Artikel dieser Artikelreihe erwähnt, erfordert
die Planung und Ausführung von Dacheindeckungen, auf der Grundlage
der Fachregeln, Hersteller-vorschriften volle Aufmerksamkeit und ein
hohes Mass an Fachkompetenz.
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Durch
die mangelhaft witterungsgeschützten Detaillösungen,
die offenen Tritte und die defekte Unterspannbahn drang Wasser
ins Gebäude ein. |
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In meiner langjährigen Tätigkeit als Dachdecker und Sachverständiger
habe ich nicht nur Fehler begutachtet, sondern auch in meiner praktischen
Tätigkeit selber welche gemacht. Darum ist es mir ein Anliegen ihnen
die Gefahrenstellen aufzuzeigen, die leider zu oft unterschätzt werden,
um Sie so vor diesen Fehlern zu bewahren .
Von einigen dieser Fälle, welche es mir zu beurteilen oblag, möchte
ich ihnen nachfolgend berichten, Fehler erläutern, aber auch Unklarheiten
zwischen Fachregeln und Herstelleraussagen aufzeigen und verdeutlichen.
Dachsanierung
mit Folgen
Fall 1
Zu sorglos ging ein Dachdeckerunternehmen an die Aufgabe heran, das
Dach und die Gauben eines Mehrfamilienhauses neu einzudecken. Ein
Fehler, der diesem teuer zu stehen kam. Die Dachflächen des Mehrfamilienhauses
im Rheinland wurden von der Alteindeckung befreit, das Dachgeschoss
ausgebaut, eine Loggia geschaffen.
Die Eindeckung der Satteldachflächen erfolgte mit glasierten
Muldenfalzziegeln, die Tonnengauben, wie auch die Mansardenflächen
wurden mit Kupferblech eingedeckt. Auch die sonstigen An- und Abschlüsse
erfolgten weitestgehend mit Kupferblech. Es sollte ein Schmuckstück
werden.
Nachdem die Arbeiten fast vollständig ausgeführt worden
waren, fiel dem Bauherrn auf, dass sich die Kupfereindeckung der Tonnengauben
wölbte, die Überlappungen der Kupferbleche nicht wie vorgesehen
gefalzt, sondern verlötet waren und die Lötnähte an
einigen Stellen sichtlich mangelhaft ausgeführt worden waren.
Nachdem er dies bei dem Firmeninhaber, einem Dachdeckermeister reklamierte
und um Abhilfe bat, zeigte sich dieser dazu nicht bereit. Darauf hin
beauftragte er einen ortsansässigen Sachverständigen mit
der Beurteilung der durchgeführten Arbeiten und der Erstellung
eines Gutachtens.
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Schadhafte
Detaillösung
der Traufe
Die Eindeckung
der Gauben mit Kupferblechen - ohne Falzung, ohne Dilitations-elemente
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Fall 1: Geplant war eine "hochwertige"
Dachsanierung mit geflämmten Ton-ziegeln, keramischen Detaillösungen
und Kupferblechen |
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Bei
den darauf folgenden Ortsterminen wurden dabei folgende Mängel
festgestellt, mit den Anwesenden diskutiert und Lösungsmöglichkeiten
aufgezeigt:
- Bei der Eindeckung
der Gauben handelte es sich nicht um die beauftragte Stehfalzeindeckung
mit Kupferblechen. Dilitationselemente waren nicht vorhanden,
die Lötnähte, z.T. unzureichend ausgeführt, partiell
offen.
- Die Ortgangziegel
waren nicht verschraubt/ befestigt.
- Kupferbleche
wurden so angebracht, dass von der Dachfläche ablaufendes
Wasser über diese in die Zinkrinne des Nachbarhauses laufen
könnte, laufen wird. Die Zinkrinne wird, da das Wasser vom
edleren zum unedleren Metall läuft (s. Spannungsreihe der
Metalle) sich zersetzen.
- Die Unterspannbahn
wurde an die Durchbrüche nicht ausreichend dicht angeschlossen,
nicht bis auf das Traufblech geführt.
- Ein am benachbarten
Mauerwerk anschliessendes, hochgeführtes Kupferwinkelblech
war ausschliesslich oberseitig mit einer spritzbaren Dichtungsmasse
fixiert. Eine ausreichende mechanische Fixierung, z.B. mit einem
Wandanschlussprofil fehlte.
- Und anderes
mehr
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In
einem mit dem Chef, einem Dachdeckermeister, vor Ort geführtem Gespräch
zeigte sich dieser sehr unverstanden, war der Meinung, dass dies keine gravierenden,
berechtigten Mängel seien und stellte in Aussicht, einen zusätzlichen
Gutachter einzuschalten.
Dem Vorschlag, die höchst mangelhafte Kupfereindeckung ohne Berechnung
zu belassen, da sich der Unternehmer nicht im Stande sah, diese fachgerecht
auszuführen, folgte der Bauherr nicht.
Letztendlich ist es im gemeinsamen Dialog gelungen Lösungswege aufzuzeigen,
welche der Bedachungsunternehmer dann auch annahm und die Mängel abstellte.
Viele Wege führen zum Erfolg. Hier hat man eindeutig den umständlicheren,
kostenintensiveren Weg gewählt. Das Gespräch ersetzte hier den
Rechtsstreit.
Vertrauen ist gut, eine regelgerechte Konstruktion ist besser
Fall 2
Nicht erst seitdem Wohnraum gut und teuer ist, findet man auf vielen
Dächern Dachgauben. Früher dienten sie hauptsächlich
als (Dach) Schmuck, lockerten die Dachfläche auf, boten eine
Belüftung und Belichtung des Dachraums in einer Zeit als es noch
keine Dachflächenfenster gab.
Heute haben die meisten Dachgauben die Aufgabe, die (anrechenbare)
Wohnfläche zu erhöhen. Früher waren sie zierlich, manchmal
mehrreihig übereinander angeordnet, als Schleppdach, Walmdachgauben.
Oder, dann meist einreihig oder einzeln, als Fledermaus geschwungene
Gauben, Ochsenaugen, in vielfachen Formen und Grössen.
Etwas Besonderes wollte ein Bauherr für seinen Einfamilienhausneubau
und um sicher zu gehen, schaltete er einen Baukoordinator ein, zeigte
diesem seine Wunschgaube an einem anderen Objekt. Eigentlich hätte
da nichts mehr schief gehen können, aber..... |
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Sieht
gut aus, aber technisch nicht realisierbar: Der zweite Eindeckversuch,
diesmal mit Biberschwanzziegeln |
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... nachdem der Dachdecker
beauftragt war, sah sich dieser nun nicht mehr in der Lage die Gaube,
wie bestellt mit Doppelmuldenfalzziegeln einzudecken. Sein Vorschlag war
eine Eindeckung mit Biberschwanzziegeln, diesem stimmte der Bauherr notgedrungen
zu.
Erst nachdem ca. 40 % der Dachfläche eingedeckt war, stellte dieser
Dachdecker nun fest, dass eine Eindeckung mit Biberschwanzziegeln auch nicht
möglich ist, was bei einer Abmessung der Gaube mit einer Höhe
(h) von 1,55 m und einer Breite (b) von 5,70 m (Soll: h : b * 1 : 5) nicht
verwunderlich ist !
Die Dachneigung der Gaubendachfläche betrug ca. 14 °.
Dem erneuten Vorschlag des Dachdeckers die Gaube nun zu verschiefern, stimmte
der Bauherr nicht mehr zu und schaltete, da weitere sichtbare Mängel
vorhanden waren, einen Sachverständigen ein.
Beim anberaumten Ortstermin wurde festgestellt, dass die Gaube, so wie diese
vorhanden ist weder für die geplante Eindeckung mit Ziegeln, noch für
eine Verschieferung geeignet war. Eine planmässige Eindeckung kann
nur nach einem Umbau, einer Vergrösserung erfolgen.
Darüber hinaus wurden weitere Mängel, wie schadhafte, mangelhaft
überarbeitete Stellen an der Unterspannbahn, eine nicht ausreichende
Hinterlüftung der Dacheindeckung, u.a. festgestellt.
Die Leistungen des Zimmerers und des Dachdeckers, der wegen der Ausführung
gemäss § 4 der VOB/B keine Bedenken angemeldet hatte, waren nicht ausreichend.
(Un) sichtbarer Mangel
Fall 3
Dass die Eindeckung von Dächern im Neubaubereich sehr viel unkomplizierter
als bei bestehenden Dächern ist, ist sicherlich richtig. Bei
der Planung von Neubauten können z.B. Sparrenhöhen nach
den Erfordernissen, z.B. der erforderlichen Dämmstoffdicke festgelegt
werden.
Schwierig wird es nach meiner Erfahrung, wenn aus scheinbar rationellen
Gründen Systeme eingesetzt werden, die bei genauerer Prüfung
für den Einsatzzweck nicht oder nur bedingt geeignet sind.
Die Fehlerquote erhöht sich um ein Vielfaches, wenn aus Gründen
der Kostenersparnis erprobte, systemgerechte Detaillösungen gegen
„Billiglösungen„ ausgetauscht werden und diese von weniger Qualifizierten,
ohne ausreichende Aufsicht ausgeführt werden. Ein konkreter Fall
aus meiner Praxis war der Neubau einer Sporthalle, bei dem statt einem
konventionellen Dachstuhl ein Dachaufbau aus vorgefertigten Sandwichelementen
zum Einsatz kam. |
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Schäden
vor der Fertigstellung: Durchfeuchtungsspuren, quellen-
des Holz, Nägel stehen heraus
und korrodieren, das Kunststoff-Lüftungsgitter verwirft
sich, ist partiell angebrannt |
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Fall
3: Beschädigungen der oberen, beschichten Holz-platte.
Die mangelhafte Ausschäumung der Stoss- fugen stellt das
Gesamter-gebnis in Frage |
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Ein
System, welches nach meinen Erfahrungen bei grossflächigen Bauwerken
eine rationelle Systemlösung bieten kann.
Grossflächig war diese Sporthalle, aber die Planer wollten auf
einige Details, wie eine gaubenartige Konstruktion, einen Höhenversatz
der Dachflächen nicht verzichten. Verzichtet hatte man aber auf
werksseitig angegebene, die Kosten erhöhende Detaillösungen.
So hatte man statt einer Verschraubung der ca. 7 – 9 m langen Elemente,
bestehend aus einem Polystyrolkern, beidseitig mit beschichteten Platten
und einer einseitig aufgebrachten Konterlattung eine Nagelung mit
verzinkten Drahtstiften gewählt.
- Das Eintreiben
der Nägel mit Unterlegscheiben versehen, führte an vielen
Stellen zu einer sichtbaren Beschädigung der aussenseitigen
Platte. Die Drahtstifte korrodierten oberflächlich.
- Fugen von
mehreren Zentimetern Breite wurden mit einem PUR-Montageschaum
ausgefüllt, aber nicht, wie vom Hersteller vorgesehen, mit
einem zusätzlichen Dichtungsband abgedeckt. Nach einem Hinweis
auf die Hersteller-Montage-Richtlinien klebte man diese dann ab.
- An den Kehlen
klafften, da die Elemente vor Ort mit einer Kettensäge (zerstückelt)
angepasst wurden, Fugen von bis zu 8 cm auf, welche ebenfalls
verschäumt wurden. Eine zusätzliche Dichtung in diesem
wasserführenden Bereich hatte man nicht vorgesehen. Der Lösung,
hier eine Bitumen-Kaltselbstklebebahn einzubringen, stimmte man
dann zu.
- Die z.T.
durch die innenseitig eingesetzten Stossfugenprofile nicht ausreichend
geschlossenen Fugen ermöglichen das Eindiffundieren von Wasserdampf,
das Eindringen von Ungeziefer.
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Jedes System bedarf, wenn es dauerhaft funktionieren soll, einer sorgfältigen
Verarbeitung. Weniger in der Fläche, als mehr an den An- und
Abschlüssen, den Durchdringungen ist eine fachgerechte Verarbeitung
für die dauerhafte Funktion entscheidend.
Gerade bei öffentlichen Ausschreibungen wird oftmals weniger
nach der Qualität, der Eignung eines Systems, aber um so mehr
nach dem Preis entschieden. Die Folgen sind vielfach Funktionseinschränkungen,
Schäden und schliesslich die aufwendige Sanierung.
Grossformatige Dachsysteme haben durch die rationelle Verlegbarkeit
bei grossflächigen Dächern mit wenigen und unkomplizierten
Detailanforderungen, wirtschaftliche Vorteile. Sind diese grossformatigen
Elemente aber an vielen Stellen anzupassen, sind „teure„ Systemlösungen
erforderlich, kann aus der „billigen„ Dachlösung sehr schnell
eine „teure„ werden.
Denn billig ist oft teuerer, da auf Dauer nicht funktionsfähig!
Fazit:
„Unwissenheit schützt vor Schaden nicht„, so sagt es der Volksmund.
Sicherlich lassen sich die aufgeführten Beispiele ergänzen,
die Materialien und Systeme austauschen. Viele Fehler werden bereits
bei der Planung gemacht und durch den Auftragnehmer, ohne viel Schriftverkehr
ausgebügelt. Die Praxis zeigt aber, dass auch im Bereich der
geneigten Dächer immer noch genügend Fehler gemacht werden.
Vielfach werden Einflüsse unterschätzt und Änderungen
in der Bauweise, den Materialien, den Systemen u.a.m. zu wenig berücksichtigt.
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Die
Traufausbildung gemäss der "holländischen"
Bauweise ist günstig, aber nicht gut. Das Wasser kann
hinter der Rinne an der Fassade ablaufen |
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Schwierigkeiten
bei dem Dach-detail, zum Beispiel an Kehlen und Graten, wo die Fertigelemente
den örtlichen Erfordernissen angepasst werden müssen
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Werkseitig
vorgefertigt und schnell verlegt, so dachte der Planer
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Zu oft höre ich den Satz: „Das haben wir immer schon so gemacht„ und
leider viel zu selten: „Wie hätten wir es richtig machen können?„
Als Dachdecker, Sachverständiger und Autor empfehle ich Ihnen:
Fragen Sie jemanden, der sich damit auskennt - nicht immer, aber immer,
wenn Sie sich nicht 100 % sicher sind.
Wenn Sie mehr wissen wollen ...... besuchen Sie die BFD-Dach-Seminare –
Info unter 0201/2437281 oder mailen Sie uns unter buero.west@lech-bfd.de.
Jürgen Lech
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