Bauschäden
Achtung,
noch mehr Stolpersteine (II)


mikado 2/99

Immer wieder Stolpersteine auf dem Weg zum dauerhaft funktionstüchtigen Dach.
Wie bereits im ersten Artikel dieser Artikelreihe erwähnt, erfordert die Planung und Ausführung von Dacheindeckungen, auf der Grundlage der Fachregeln, Hersteller-vorschriften volle Aufmerksamkeit und ein hohes Mass an Fachkompetenz.



 

                     


Durch die mangelhaft witterungsgeschützten Detaillösungen, die offenen Tritte und die defekte Unterspannbahn drang Wasser ins Gebäude ein.

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In meiner langjährigen Tätigkeit als Dachdecker und Sachverständiger habe ich nicht nur Fehler begutachtet, sondern auch in meiner praktischen Tätigkeit selber welche gemacht. Darum ist es mir ein Anliegen ihnen die Gefahrenstellen aufzuzeigen, die leider zu oft unterschätzt werden, um Sie so vor diesen Fehlern zu bewahren .
Von einigen dieser Fälle, welche es mir zu beurteilen oblag, möchte ich ihnen nachfolgend berichten, Fehler erläutern, aber auch Unklarheiten zwischen Fachregeln und Herstelleraussagen aufzeigen und verdeutlichen.


Dachsanierung mit Folgen

Fall 1
Zu sorglos ging ein Dachdeckerunternehmen an die Aufgabe heran, das Dach und die Gauben eines Mehrfamilienhauses neu einzudecken. Ein Fehler, der diesem teuer zu stehen kam. Die Dachflächen des Mehrfamilienhauses im Rheinland wurden von der Alteindeckung befreit, das Dachgeschoss ausgebaut, eine Loggia geschaffen.
Die Eindeckung der Satteldachflächen erfolgte mit glasierten Muldenfalzziegeln, die Tonnengauben, wie auch die Mansardenflächen wurden mit Kupferblech eingedeckt. Auch die sonstigen An- und Abschlüsse erfolgten weitestgehend mit Kupferblech. Es sollte ein Schmuckstück werden.
Nachdem die Arbeiten fast vollständig ausgeführt worden waren, fiel dem Bauherrn auf, dass sich die Kupfereindeckung der Tonnengauben wölbte, die Überlappungen der Kupferbleche nicht wie vorgesehen gefalzt, sondern verlötet waren und die Lötnähte an einigen Stellen sichtlich mangelhaft ausgeführt worden waren.
Nachdem er dies bei dem Firmeninhaber, einem Dachdeckermeister reklamierte und um Abhilfe bat, zeigte sich dieser dazu nicht bereit. Darauf hin beauftragte er einen ortsansässigen Sachverständigen mit der Beurteilung der durchgeführten Arbeiten und der Erstellung eines Gutachtens.

                     
 










Schadhafte Detaillösung
der Traufe












Die Eindeckung der Gauben mit Kupferblechen - ohne Falzung, ohne Dilitations-elemente
 











Fall 1: Geplant war eine "hochwertige" Dachsanierung mit geflämmten Ton-ziegeln, keramischen Detaillösungen und Kupferblechen
  Bei den darauf folgenden Ortsterminen wurden dabei folgende Mängel festgestellt, mit den Anwesenden diskutiert und Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt:
  • Bei der Eindeckung der Gauben handelte es sich nicht um die beauftragte Stehfalzeindeckung mit Kupferblechen. Dilitationselemente waren nicht vorhanden, die Lötnähte, z.T. unzureichend ausgeführt, partiell offen.
  • Die Ortgangziegel waren nicht verschraubt/ befestigt.
  • Kupferbleche wurden so angebracht, dass von der Dachfläche ablaufendes Wasser über diese in die Zinkrinne des Nachbarhauses laufen könnte, laufen wird. Die Zinkrinne wird, da das Wasser vom edleren zum unedleren Metall läuft (s. Spannungsreihe der Metalle) sich zersetzen.
  • Die Unterspannbahn wurde an die Durchbrüche nicht ausreichend dicht angeschlossen, nicht bis auf das Traufblech geführt.
  • Ein am benachbarten Mauerwerk anschliessendes, hochgeführtes Kupferwinkelblech war ausschliesslich oberseitig mit einer spritzbaren Dichtungsmasse fixiert. Eine ausreichende mechanische Fixierung, z.B. mit einem Wandanschlussprofil fehlte.
  • Und anderes mehr

In einem mit dem Chef, einem Dachdeckermeister, vor Ort geführtem Gespräch zeigte sich dieser sehr unverstanden, war der Meinung, dass dies keine gravierenden, berechtigten Mängel seien und stellte in Aussicht, einen zusätzlichen Gutachter einzuschalten.
Dem Vorschlag, die höchst mangelhafte Kupfereindeckung ohne Berechnung zu belassen, da sich der Unternehmer nicht im Stande sah, diese fachgerecht auszuführen, folgte der Bauherr nicht.
Letztendlich ist es im gemeinsamen Dialog gelungen Lösungswege aufzuzeigen, welche der Bedachungsunternehmer dann auch annahm und die Mängel abstellte.
Viele Wege führen zum Erfolg. Hier hat man eindeutig den umständlicheren, kostenintensiveren Weg gewählt. Das Gespräch ersetzte hier den Rechtsstreit.


Vertrauen ist gut, eine regelgerechte Konstruktion ist besser


Fall 2
Nicht erst seitdem Wohnraum gut und teuer ist, findet man auf vielen Dächern Dachgauben. Früher dienten sie hauptsächlich als (Dach) Schmuck, lockerten die Dachfläche auf, boten eine Belüftung und Belichtung des Dachraums in einer Zeit als es noch keine Dachflächenfenster gab.
Heute haben die meisten Dachgauben die Aufgabe, die (anrechenbare) Wohnfläche zu erhöhen. Früher waren sie zierlich, manchmal mehrreihig übereinander angeordnet, als Schleppdach, Walmdachgauben. Oder, dann meist einreihig oder einzeln, als Fledermaus geschwungene Gauben, Ochsenaugen, in vielfachen Formen und Grössen.
Etwas Besonderes wollte ein Bauherr für seinen Einfamilienhausneubau und um sicher zu gehen, schaltete er einen Baukoordinator ein, zeigte diesem seine Wunschgaube an einem anderen Objekt. Eigentlich hätte da nichts mehr schief gehen können, aber.....
 



Sieht gut aus, aber technisch nicht realisierbar: Der zweite Eindeckversuch, diesmal mit Biberschwanzziegeln
... nachdem der Dachdecker beauftragt war, sah sich dieser nun nicht mehr in der Lage die Gaube, wie bestellt mit Doppelmuldenfalzziegeln einzudecken. Sein Vorschlag war eine Eindeckung mit Biberschwanzziegeln, diesem stimmte der Bauherr notgedrungen zu.
Erst nachdem ca. 40 % der Dachfläche eingedeckt war, stellte dieser Dachdecker nun fest, dass eine Eindeckung mit Biberschwanzziegeln auch nicht möglich ist, was bei einer Abmessung der Gaube mit einer Höhe (h) von 1,55 m und einer Breite (b) von 5,70 m (Soll: h : b * 1 : 5) nicht verwunderlich ist !
Die Dachneigung der Gaubendachfläche betrug ca. 14 °.
Dem erneuten Vorschlag des Dachdeckers die Gaube nun zu verschiefern, stimmte der Bauherr nicht mehr zu und schaltete, da weitere sichtbare Mängel vorhanden waren, einen Sachverständigen ein.

Beim anberaumten Ortstermin wurde festgestellt, dass die Gaube, so wie diese vorhanden ist weder für die geplante Eindeckung mit Ziegeln, noch für eine Verschieferung geeignet war. Eine planmässige Eindeckung kann nur nach einem Umbau, einer Vergrösserung erfolgen.
Darüber hinaus wurden weitere Mängel, wie schadhafte, mangelhaft überarbeitete Stellen an der Unterspannbahn, eine nicht ausreichende Hinterlüftung der Dacheindeckung, u.a. festgestellt.
Die Leistungen des Zimmerers und des Dachdeckers, der wegen der Ausführung gemäss § 4 der VOB/B keine Bedenken angemeldet hatte, waren nicht ausreichend.


(Un) sichtbarer Mangel

Fall 3
Dass die Eindeckung von Dächern im Neubaubereich sehr viel unkomplizierter als bei bestehenden Dächern ist, ist sicherlich richtig. Bei der Planung von Neubauten können z.B. Sparrenhöhen nach den Erfordernissen, z.B. der erforderlichen Dämmstoffdicke festgelegt werden.
Schwierig wird es nach meiner Erfahrung, wenn aus scheinbar rationellen Gründen Systeme eingesetzt werden, die bei genauerer Prüfung für den Einsatzzweck nicht oder nur bedingt geeignet sind.
Die Fehlerquote erhöht sich um ein Vielfaches, wenn aus Gründen der Kostenersparnis erprobte, systemgerechte Detaillösungen gegen „Billiglösungen„ ausgetauscht werden und diese von weniger Qualifizierten, ohne ausreichende Aufsicht ausgeführt werden. Ein konkreter Fall aus meiner Praxis war der Neubau einer Sporthalle, bei dem statt einem konventionellen Dachstuhl ein Dachaufbau aus vorgefertigten Sandwichelementen zum Einsatz kam.
 



Schäden vor der Fertigstellung: Durchfeuchtungsspuren, quellen-
des Holz, Nägel stehen heraus
und korrodieren, das Kunststoff-Lüftungsgitter verwirft sich, ist partiell angebrannt



                     


Fall 3: Beschädigungen der oberen, beschichten Holz-platte. Die mangelhafte Ausschäumung der Stoss- fugen stellt das Gesamter-gebnis in Frage


                     


  Ein System, welches nach meinen Erfahrungen bei grossflächigen Bauwerken eine rationelle Systemlösung bieten kann.
Grossflächig war diese Sporthalle, aber die Planer wollten auf einige Details, wie eine gaubenartige Konstruktion, einen Höhenversatz der Dachflächen nicht verzichten. Verzichtet hatte man aber auf werksseitig angegebene, die Kosten erhöhende Detaillösungen. So hatte man statt einer Verschraubung der ca. 7 – 9 m langen Elemente, bestehend aus einem Polystyrolkern, beidseitig mit beschichteten Platten und einer einseitig aufgebrachten Konterlattung eine Nagelung mit verzinkten Drahtstiften gewählt.
  • Das Eintreiben der Nägel mit Unterlegscheiben versehen, führte an vielen Stellen zu einer sichtbaren Beschädigung der aussenseitigen Platte. Die Drahtstifte korrodierten oberflächlich.
  • Fugen von mehreren Zentimetern Breite wurden mit einem PUR-Montageschaum ausgefüllt, aber nicht, wie vom Hersteller vorgesehen, mit einem zusätzlichen Dichtungsband abgedeckt. Nach einem Hinweis auf die Hersteller-Montage-Richtlinien klebte man diese dann ab.
  • An den Kehlen klafften, da die Elemente vor Ort mit einer Kettensäge (zerstückelt) angepasst wurden, Fugen von bis zu 8 cm auf, welche ebenfalls verschäumt wurden. Eine zusätzliche Dichtung in diesem wasserführenden Bereich hatte man nicht vorgesehen. Der Lösung, hier eine Bitumen-Kaltselbstklebebahn einzubringen, stimmte man dann zu.
  • Die z.T. durch die innenseitig eingesetzten Stossfugenprofile nicht ausreichend geschlossenen Fugen ermöglichen das Eindiffundieren von Wasserdampf, das Eindringen von Ungeziefer.

Jedes System bedarf, wenn es dauerhaft funktionieren soll, einer sorgfältigen Verarbeitung. Weniger in der Fläche, als mehr an den An- und Abschlüssen, den Durchdringungen ist eine fachgerechte Verarbeitung für die dauerhafte Funktion entscheidend.
Gerade bei öffentlichen Ausschreibungen wird oftmals weniger nach der Qualität, der Eignung eines Systems, aber um so mehr nach dem Preis entschieden. Die Folgen sind vielfach Funktionseinschränkungen, Schäden und schliesslich die aufwendige Sanierung.
Grossformatige Dachsysteme haben durch die rationelle Verlegbarkeit bei grossflächigen Dächern mit wenigen und unkomplizierten Detailanforderungen, wirtschaftliche Vorteile. Sind diese grossformatigen Elemente aber an vielen Stellen anzupassen, sind „teure„ Systemlösungen erforderlich, kann aus der „billigen„ Dachlösung sehr schnell eine „teure„ werden.
Denn billig ist oft teuerer, da auf Dauer nicht funktionsfähig!

Fazit:

„Unwissenheit schützt vor Schaden nicht„, so sagt es der Volksmund.
Sicherlich lassen sich die aufgeführten Beispiele ergänzen, die Materialien und Systeme austauschen. Viele Fehler werden bereits bei der Planung gemacht und durch den Auftragnehmer, ohne viel Schriftverkehr ausgebügelt. Die Praxis zeigt aber, dass auch im Bereich der geneigten Dächer immer noch genügend Fehler gemacht werden. Vielfach werden Einflüsse unterschätzt und Änderungen in der Bauweise, den Materialien, den Systemen u.a.m. zu wenig berücksichtigt.
 




Die Traufausbildung gemäss der "holländischen" Bauweise ist günstig, aber nicht gut. Das Wasser kann hinter der Rinne an der Fassade ablaufen




                     


Schwierigkeiten bei dem Dach-detail, zum Beispiel an Kehlen und Graten, wo die Fertigelemente den örtlichen Erfordernissen angepasst werden müssen



 
Werkseitig vorgefertigt und schnell verlegt, so dachte der Planer




Zu oft höre ich den Satz: „Das haben wir immer schon so gemacht„ und leider viel zu selten: „Wie hätten wir es richtig machen können?„

Als Dachdecker, Sachverständiger und Autor empfehle ich Ihnen:

Fragen Sie jemanden, der sich damit auskennt - nicht immer, aber immer, wenn Sie sich nicht 100 % sicher sind.

Wenn Sie mehr wissen wollen ...... besuchen Sie die BFD-Dach-Seminare – Info unter 0201/2437281 oder mailen Sie uns unter buero.west@lech-bfd.de.

Jürgen Lech

                     
                     

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