Bauschäden
Vorsicht,
Stolpersteine!
Die Planung
und Ausführung von Dacheindeckungen
mit unterschiedlichsten Materialien und Systemen, mit
unterschiedlichen Beanspruchungen etc., erfordert vom Planer
wie auch vom Ausführenden ein hohes Mass an Aufmerksamkeit
und Fachkompetenz.
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Jürgen
Lech
in Mikado
07/99
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ZUM PUBLIKATIONSMENUE
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Die
Praxis zeigt, dass auch bei alltäglichen Dachdeckungsarbeiten
an scheinbar unkomplizierten Dächern, vielfach bereits während
des Baugeschehens Mängel auftreten, die den Bauherrn veranlassen,
einen Sachverständigen einzuschalten.
Von einigen Fällen aus meiner Sachverständigentätigkeit
möchte ich, um Sie für Ihre alltägliche Arbeit zu sensibilisieren,
nachfolgend einige Beispiele aufführen, Fehler erläutern,
aber auch Unklarheiten zwischen Fachregeln und Herstelleraussagen
aufzeigen und verdeutlichen.
Noteindeckung
mit Folgen
Fall1
Zu sorglos ging ein Dachdeckerunternehmen an die Aufgabe heran, die
sich zum Teil über bestehendem Wohnraum, teilweise von der alten
Dacheindeckung befreiten, bis ca. 40° Grad geneigten Dachflächen
zu sichern.
Der Bauherr, der mich am Freitag nachmittag nach mehreren Stunden
Regen und ersten Durchfeuchtungsspuren in seinem mit Computern ausgerüsteten
Arbeitszimmer erreichte, war aufgrund der zunehmenden Nässe und
der Aussicht auf ein regenreiches Wochenende schier verzweifelt.
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Fall 1: Die
flatternde Unterspannbahn kann
in der Kehle ihre Aufgabe nicht ausreichend erfüllen
Fall 1:
Die Unterspannbahn, flächig ohne ausreichende
Befestigung verlegt
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Den verantwortlichen Dachdeckermeister telefonisch auf die Situation angesprochen,
hatte dieser ihm erklärt, er käme am Montag mal vorbei.
Die vorgefundene Situation stellte sich mir wie folgt dar:
- Die Dachflächen
waren notdürftig mit einer Unterspannbahn, z.T. am First an die
alte Dacheindeckung angrenzend, nicht überdeckt, teilweise mit
senkrechten Latten befestigt, eingedeckt.
- Am offenen First
war von aussen nicht nur die Wärmedämmung, sondern auch die
innenseitige Holzverkleidung einsehbar. Hier konnte das Niederschlagswasser
eindringen.
- Die Unterspannbahn
war bereits an mehreren Stellen mechanisch beschädigt, an diesen
mit einer spachtelbaren, bituminösen, lösungsmittelhaltigen Dichtungsmasse
überarbeitet worden.
- Die Anschlüsse
an den Kamin, an die Wand und anderen Detailpunkten waren nicht ausreichend
dicht. Partiell war die Unterspannbahn am Bauteil hochgeführt,
aber nicht ausreichend verwahrt worden. So konnte das Niederschlagswassser,
da die Unterspannbahn durch den Wind angehoben wurde, auch hier eindringen.
Die bereits aufgestellten
Eimer konnten das eindringende Wasser nicht an allen Stellen auffangen und
so war es partiell auch schon in den Innenraum eingedrungen.
Hier war der ausführende Dachdeckerbetrieb m. E. nach seiner Sorgfaltspflicht
nicht ausreichend nachgekommen, hatte die Einflüsse vermutlich unterschätzt.
Der Bauherr, als Geschädigter, kann nun entscheiden, inwieweit er den
hier aufgetretenen Schaden gegenüber diesem geltend macht.
Dem Bauherrn wurden die bereits sichtbaren Schäden dokumentiert. Es
wurde ihm darüber hinaus empfohlen, die Bereiche in denen die Unterspannbahn
stark beschädigt ist, in jedem Fall austauschen zu lassen.
Inwieweit der ausführende Dachdeckerbetrieb die ihm hieraus entstehenden
Kosten, ggf. auch für den Gutachter, seiner Haftpflichtversicherung
weitergeben kann, ist fraglich. Nach unbestätigten Angaben hat ein
Haftpflichtversicherer seinem Versicherungsnehmer die Leistungen aufgrund
der Tatsache, dass eine provisorisch verlegte Unterspannbahn, eine nicht
ausreichende Massnahme zur Sicherung eines Daches darstellt, verwehrt.
Meines Erachtens nach ging man hier zu sorglos an die Sache heran, hat die
Witterungsverhältnisse stark unterschätzt, mit denen aber während
der Bauphase zu rechnen war.
Qualität
gefragt
Fall 2
Der Kontrollgang nach der Fertigstellung der Dachflächen hätte
einem anderen Dachdeckerbetrieb die Kosten für Nacharbeiten,
aber auch einen gewissen Imageverlust erspart.
Manchmal sollte es eben etwas mehr (Qualität) sein.
Bei einer abschliessenden Kontrollbegehung für eine Wohnungsbaugesellschaft
stellte ich fest, dass ein Versatz zwischen den Betondachsteinen in
der Dachfläche von 2 cm durchaus einen berechtigten Mängel
darstellt.
Wie sich nachher herausstellte, hat man hier das Ende der Latte nicht
ausreichend befestigt. Dieses hätte aber m.E. auch den hier als
Subunternehmer beschäftigten, englischen Dachdecker bei und/oder
nach der Eindeckung auffallen müssen. |
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Fall 2: Versatz
ist ein
"berechtigter Mangel"
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Nicht nur, dass die Überdeckung der Dachsteine gemäss der Herstellervorschrift
in diesem Bereich nicht ausreichte und sich vermutlich im Rahmen der Materialermüdung
der Dachlatte noch verringert hätte, es besteht selbstverständlich
auch ein optischer Anspruch an die Dacheindeckung.

Fall 2: Nachlässigkeit:
abgetreppte Dachneigung
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Die
hinter einem Dachfenster deponierten Betondachsteine hätten ggf.
nach einem Windstoss zu Schäden an Fahrzeugen und Personen führen
können, was unter Umständen rechtliche Konsequenzen gehabt hätte.
Sicherlich wollten sie nicht nur den durch die sichtbare Unterspannbahn
abgedeckten, werksseitig angebrachten Schaumstoffstreifen verdecken,
welcher aufgrund einer nicht ausreichenden Überdeckung der verlegten
Betondachsteine sichtbar war.
Der Wandanschluss an die Giebelwand des benachbarten Hauses erfolgte
mit armierten, selbstklebenden Anschlussstücken aus Kunststoff
(Wakaflex, o.a.). Aufgrund der oberseitigen Verschmutzung der Betondachsteine
war eine ausreichende Verklebung und somit eine ausreichende Windsogsicherheit
nicht gegeben. |
Der
untere Abschluss wurde m.E. unfachmännisch mit einer spritzbaren
Masse erstellt, was dem Leitsatz „was die Kunst nicht ziert, wird
verschmiert" entspricht.
Oft werden auch Ablagerungen, in diesem Fall aus dem Abriss stammenden
Mörtelbrocken, in ihrer Funktion unterschätzt. Diese können z.B.
durch eine Ansammlung zwischen Unterspannbahn und Lattung den wirksamen
Lüftungsquerschnitt verringern, und so die Tauwasserbildung in
diesen Bereichen erhöhen.
In einer angrenzenden Siedlung hatte man zwar die Dachflächen
sichtbar besser eingedeckt, die ursprünglichen PVC-Kunststoffdachrinnen
in einem nach der Sanierung deutlich desolaten |
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Zustand
belassen!
Vielfach waren diese, vermutlich während der Abrissarbeiten,
durchschlagen worden, das Niederschlagwasser lief z.T. über den
Hauseingängen herunter.
Nicht nur dass der Dachdecker gegen die Ausführung hätte
gemäss VOB/B § 4 Bedenken anmelden sollen, er war letztendlich
auch für die Schäden verantwortlich, hatte seine Leistung
m.E. nicht mangelfrei erbracht.
Manchmal reicht weniger schon, um einen Rechtsstreit vom Zaun zu brechen.
Die Mängel wurden nach einem Schriftverkehr mit dem Dachdeckerbetrieb
beseitigt. Der Bauherr beauftragte die Erneuerung der Dachrinnen.
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Unsichtbare
Mängel
Fall 3
Dass die Eindeckung von Dächern im Neubaubereich sehr viel
unkomplizierter als bei bestehenden Gebäuden ist, ist zumindest
im Regelfall unbestritten.
Schwierig wird es oftmals, wenn die Arbeiten zwischen Zimmerleuten,
Klempnern und Dachdeckern nicht richtig koordiniert und überwacht
werden.
Auf der Grundlage einer Beauftragung durch einen Generalunternehmer,
der das Wohnhaus wie auch das angrenzende Kühllager im Auftrag
des Bauherrn erstellen liess, begleitete ich eine solche Neubaumassnahme
mit geneigten und flachen Dächern. |
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Fall
3:
Durch
den Einbau von Unterspannbahnlüftern und zusätzlichen
Lüftungssteinen wurde eine ausreichende Be- und Entlüftung
möglich |
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Fall
3:
Mangel:
Die Unterspannbahn darf nicht durchhängen, das sich sammelnde
Wasser stellt ein erhötes Gefahrenpotential dar. Eine
Belüftung der Ebene Wärmedämmung / Unterspannbahn
ist so nicht möglich |
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Bei
den geneigten Dächern handelte es sich um eine zweischalige Konstruktion
mit den Lüftungsebenen zwischen der Wärmedämmung und
der Unterspannbahn (Ebene 1) und der Unterspannbahn und der Dacheindeckung
(Ebene 2).
Nach dem Aufbringen der Lattung (Steildach) waren die ersten Flächen
relativ schnell eingedeckt, wobei eine ausreichende Belüftung
im Traufbereich in der Ebene 1 durch ein unter der Rinne angebrachtes
Lüftungssieb und in der Ebene 2 durch einen Traufkamm gesichert
werden sollte.
Ein für die bauphysikalische Funktion wichtiges Detail, welchem
ich bei einem Besuch besondere Aufmerksamkeit schenkte.
Nachdem ich einzelne Dachsteine in der Traufenreihe hochgeschoben
hatte, stellte ich fest, dass die Oberkante Traufbohle mit der Oberkante
der waagerechten Lattung sich auf einer Ebene befanden, die Unterspannbahn
in die Vertiefung zwischen der waagerechten Lattung und der Traufbohle
sorgsam eingelegt wurde. |
Eine Belüftung der Ebene 2 konnte so nicht mehr ausreichend erfolgen.
Das Detail wurde, noch bevor die Arbeiten abgeschlossen worden waren, geändert.
Bei einem ohne die Änderung dieses wichtigen Details aufgetretenen Schaden
hätte der Auftragnehmer nicht nur die Kosten für die Änderung,
die Gerüststellung u.a., sondern auch die Folgeschäden übernehmen
müssen.
Fachregeln und/oder Herstellerrichtlinien
Fall 4
Vielfach entsteht der Irrglaube, dass die Aussagen verschiedener Tonziegelhersteller
„unsere Ziegel können Sie auch bei 10° Grad Dachneigung verlegen" mit den
Vorgaben der geltenden Fachregeln gleichzusetzen sind, bzw. diese ausser
Funktion setzen können.
Dies ist dahingehend richtig, dass der Hersteller, was seine Ziegel angeht,
eine Gewährleistung übernimmt, dass bei einer Verlegung derselben
bei den angesprochenen 10° Grad, die Funktion (z.B. die Frostsicherheit)
dauerhaft erfüllt wird.
Dies entbindet aber den Verarbeiter in keiner Weise davon, die allgemein
anerkannten Regeln der Technik (aaRT), z.B. die Regeln für die Dachdeckung
mit Dachziegeln und Dachsteinen zu befolgen, die bei einer Unterschreitung
der Regeldachneigung von 22° Grad zusätzliche Massnahmen, wie z.B.
ein wasserdichtes Unterdach fordern.
Fazit:
"Unwissenheit schützt vor Schaden nicht", so sagt es der Volksmund.
Sicherlich lassen sich die aufgeführten Beispiele ergänzen, die
Materialien und Systeme austauschen. Viele Fehler werden bereits bei der
Planung gemacht und durch den Auftragnehmer ohne viel Schriftverkehr ausgebügelt.
Die Praxis zeigt aber, dass auch im Bereich der geneigten Dächer immer
noch genügend Fehler gemacht werden. Vielfach werden Einflüsse
unterschätzt und Änderungen in der Bauweise, den Materialien, den Systemen
u.a.m. zu wenig berücksichtigt. Zu oft höre ich den Satz: "Das
haben wir immer schon so gemacht" und leider viel zu selten: "Wie hätten
wir es richtig machen können?"
Als Dachdecker, Sachverständiger und Autor empfehle ich Ihnen:
Fragen Sie jemanden der sich damit auskennt - nicht immer, aber immer, wenn
Sie sich nicht 100 % sicher sind.
Wenn Sie mehr wissen wollen ...... besuchen Sie die BFD-Dach-Seminare -
Info unter 0201/2437281
Jürgen Lech
Quellenangabe
DIN 4108 - Feuchteschutz
im Hochbau
VOB/B - DIN 18338 - Dachdeckungs- und Dachdichtungsarbeiten
Regeln für die Dachdeckung mit Dachziegeln und Dachsteinen
Literaturhinweis
"Glänzend eingedeckt
mit Kupferschindeln" von Jürgen Lech, erschienen in „Das Dachdecker-Handwerk"
Ausgabe 22/96
Bitumen als Allroundtalent (Marktübersicht: Bitumenschindeln + -wellplatten),
erschienen in „Das Dachdecker-Handwerk" Ausgabe 11/96)
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