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Die
Idee
Zur
Erweiterung des Wohnbereiches wurde südseitig ein 1-geschossiger
Anbau, Grundfläche von 5 x 4 m, in Holzbauweise angebaut.
Die Flachdachfläche des Anbaus - erreichbar über das
Obergeschoss des Wohnhauses - sowie eine Außentreppe ist
als Terrasse nutzbar. Die großen, fassadenseitigen Fenster
bewirken, besonders im Frühjahr, durch die Sonneneinstrahlung
eine solare Erwärmung des Anbaus und der daran angrenzenden
Räume des Wohnhauses. So können Heizkosten
gesenkt werden.
Bei
der Suche nach einem fachkompetenten Partner - für die
Konzeption und Erstellung des Anbaus - fand die Bauherrin einen
Zimmererfachbetrieb, dessen Inhaber nicht nur bedingt durch
seine handwerkliche, sondern auch seine planerische Qualifikation
(Zimmermann & Architekt), das Bauwerk aus einer Hand zu
liefern. Gesagt - getan, es Angebotsabgabe sowie zur Auftragsvergabe
und schließlich zur Erstellung des Gebäudes. Auf
den ersten Blick ein gelungenes Unterfangen.
Einblick
in den Innenraum
- architektonisch sauber gelöst
und stilvoll eingerichtet.
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Draufsicht
auf die Terrasse -
optisch gekonnt gelöst.
Aber wie soll man die darunter liegende
Abdichtung reinigen?
Das auf der Abdichtung stehende Wasser ist ein guter Nährboden
für Algen, Insekten u. a.
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Auf
den zweiten Blick - die Höhe des Geländers
als "Absturzsicherung" nicht ausreichend. Die Bauabnahme
wurde verweigert.
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Die
Ausführung
Auf den zweiten Blick stutzte die im erzieherischen Bereich tätige
Bauherrin bereits während der Ausführung. Während
der Erstellung kam es zu diversen Schwierigkeiten. Es drang, nachdem
die Abdichtung der Flachdach-/ Terrassenfläche aufgebracht
worden war, Wasser in die Konstruktion und schließlich in
den Innenraum ein. Das sichtbar auf der verbretterten Fassade
verlegte Rotstrich-Gussrohr entsprach, auch nach einer einmaligen
Verlegung, nicht dem Anspruch der Bauherrin. Das sich auf der
Terrassenabdichtung sammelnde Wasser stellt nicht nur eine erhöhte
Belastung für die Abdichtung dar, es ist auch ein Nährboden
für biologische Ablagerungen Ungeziefer, birgt weiterer Durchfeuchtungen
in sich.
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Die
Anschlusshöhe der Terrassen-/Dachabdichtung an die Tür
des Haupthauses ist zu gering bemessen. Die Dichtungsbahnen nicht
ausreichend verklebt, ein Anschlussprofil nicht vorhanden. Eine
geplante Innenentwässerung?? Ein Notüberlauf??
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Der Planer
bzw. Inhaber des ausführenden Betriebes sah dieses alles
nicht als Mangel an, argumentierte z. B. zum stehenden Wasser
– das dies die Dachabdichtung schützte.
Die
Mängel
Nach Rücksprache
mit einem ihr bekannten, örtlich ansässigen Sachverständigen
kam es zu einer ersten Besichtigung des Anbaus mit folgenden
Ergebnissen:
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Die umlaufende Umwehrung – die Brüstung als Verlängerung
der Fassa de, der Außenwand ca. 78 cm Oberkante Terrassen-
bzw. Dachabdichtung geführt, erreichte nicht das notwendige
Maß von 90 cm.
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Das Gleiche galt im Wesentlichen für das Geländer
an der Außentreppe, die von OKT
(Oberkante Terrain) zur Terrasse führte.
Die baurechtliche Abnahme konnte somit, da ein sicherheits-
und baurechtlicher Mangel vorliegt, nicht erfolgen.
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Der einzige Dachablauf, ohne Notüberlauf (gefordert sind
nach Flachdachrichtlinien mindestens 2 Abläufe oder ein
Ablauf- und ein Notüberlauf) war nicht ausreichend.
Die stellt nach Flachdachrichtlinien einen zu rügenden
Mangel dar.
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Außerdem bildete dieser einen Hochpunkt – siehe
stehendes Wasser auf der Abdichtung.
- Der Abstand zum nächsten Bauteil (nach Flachdachrichtlinien
mindestens 50 cm) war nicht eingehalten worden, was (siehe
stehendes Wasser) eine erhöhte Belastung der Abdichtung
und ein Risiko für die Eindichtung darstellt.
Im Randbereich der Pfützen kommt es durch die unterschiedlichen
Aufheizungen innerhalb und außerhalb der Pfütze
zu konträren Spannungen in diesem Bereich der Ab-dichtung.
Auswirkungen sind u. a. Krakulierungen (feine Rissbildungen)
in der Abdichtungsoberfläche.

Optisch
wenig ansprechend gelöst
- das Fallrohr
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auch technisch mangelhaft gelöst:
Der Ausschnitt zur Rohrdurchführung
in der Fassade ist zu hoch bemessen
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Die an die Terrassentür angeschlossene Dachabdichtung
hatte nicht die erforderliche Höhe von mindestens
10 cm, eine Minderung ist mit einer Fassadenrinne in diesem
Bereich auf 5 cm möglich (die aber auch nicht vorhanden
sind). stellt nach Flachdachrichtlinien rügenden
Mangel
dar. Die Gefahr eines Hinterlaufens des Dichtungsanschlusses,
ein Überlaufen der Tür schwelle ist gegeben.
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Die Abdichtung an der Türschwelle ist gemäß
Flachdachrichtlinien oberseitig, z. B. mit einem Wandanschlussprofil,
fixiert. Eine ausreichende Klebehaftung der Abdichtung
an die Türschwelle ist nicht vorhanden, so dass das
hier anstauende Wasser ggf. dahinter in das angrenzende
Wohnhaus läuft. Ein mehrfacher Verstoß gegen
die Flachdachrichtlinien.
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Das von der Außenseite gesehen links über der
Tür austretende Gussfallrohr (SML -Rohr) tritt sichtbar
neben dem Sturz der Tür aus der Fassade aus, wurde
dann an der Fassade über die Tür herüber
und an der Tür herunter geführt. Das mindert das
Erscheinungsbild der sonst ansehnlichen Fassade des Anbaus
wesentlich.
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Die Fassadenverbretterung in diesem Bereich (Austritt des
Rohres) wurde zu weit ausgespart. Hier kann an der Fassade
ablaufendes Wasser eingetrieben werden. Außerdem dringen
- dies war vor Ort zu sehen – Insekten, z. B. Wespen
in den Zwischenraum zwischen der abgehängten Decke und
der Dachdecke ein.
Ein optischer wie auch technischer Mangel – vorausgesetzt,
die Insekten nisten in dem Dach zwischenraum – es kann
eine Nutzungseinschränkung daraus hervorgehen.
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Die auf der Wohnraumdecke verlegte Mineralfaserdämmung
war durch die Undichtigkeit des Flachdaches während der
Ausführungsphase durchfeuchtet, war ausgewechselt worden.
Diese kann, bedingt durch die geschlossene, nicht belüftete,
welche durch die oberseitige
Abdichtung - 3 Lagen Bitumenbahnen - das stehende Wasser als
dampfdicht anzusehen ist, nur langsam austrocknen. Das eingela-
gerte Wasser belastet ggf. schädigt die Konstruktion,
es kann zu Fäulnis und einem Pilzbefall kommen.
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Die gesamte Decken-/Dachkonstruk tion entspricht nicht den
Forderun gen der allgemein anerkannten Regeln der Technik,
besteht im Wesentlichen aus
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(von innen nach außen)
-
verleimten
Hartfaserplatten
-
Wärmedämmung darauf verlegt - nach Angabe Dicke
ca. 100 mm
-
Luftraum
-
Holzschalung
-
bituminöse Abdichtung
-
Terrassenoberfläche
Diese Konstruktion entspricht nicht den Forderungen einer
nicht durchlüfteten wie auch nicht einer durchlüfteten
Dachkonstruktion - müsste sich einen Wärmedämmung
oberhalb der tragenden Dachschalung befinden, so dass der
Taupunkt sich oberhalb der feuchte-empfindlichen Holzkonstruktion
befindet.
Für eine durchlüftete Dachkonstruk tion, der diese
2-schalige Konstruktion am ehesten entspricht, müsste
eine Be- und Entlüftung des Luftraumes, z. B. durch fassadenseitige
Öffnungen und/ oder durch Lüfter in der Dachoberfläche
(die hier nutzungs-einschränkend wären) in einem
ausreichenden Maß vorhanden sein.
Nur so könnte eine nach DIN 4108 (Wärmeschutz im
Hochbau) und den Flachdachrichtlinien geforderte Tauwasserbegrenzung,
-freiheit der Konstruktions gesichert werden. Nach meinen
baupraktischen Erfahrungen und Erkenntnissen ist hier mit
einer erhöhten Tauwasserbildlng in der Holzkonstruktion
und mit einer Schädigung derselben auf Dauer zu rechnen.
Dies wird durch die verbleibende, durchfeuchtete Wärmedämmung
begünstigt.
Eine Vielzahl an, auf der Grundlage der allgemein anerkannten
Regeln der Technik (a.a.R.T.), daz gehören die DIN 4108,
wie auch die Flachdachrichtlinien zu rügender Verstöße,
aus der sich das Recht der Verweigerung der rechtsgültigen
Abnahme aus meiner Sicht ableiten lässt.
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Der
Kunde als Gegner?
Über den weiteren Verlauf unterrichtete mich die Bauherrin, da
meine Aufgabe der Dokumentation, technischen Beurteilung der Sachverhalte
abgeschlossen war.
Nachdem dem Unternehmer mein Mangelbericht mit der Bitte um Stellungnahme
übermittelt worden war, passierte erst einmal eine Zeit lang
nichts. Dann meldete sich der Unternehmer telefonisch, zeigte
im Gespräch wenig Interesse, die Mängel zu beseitigen.
Schliesslich und ohne Vorankündigung, ohne Absprache mit
der Bauherrin wurde das Geländer gegen ein ausreichend hohes
Geländer ausgetauscht, was das Unfallrisiko in diesem Bereich
senkte.
In einem weiteren Gespräch mit der Bauherrin äusserte
sich der Unternehmer sehr barsch und lautstark, dass er kein Interesse
habe, diese Mängel zu beseitigen, dass er zu einem (für
die Beseitigung der Mängel unzureichenden) Preisnachlass
bereit wäre.
Argumente
für diese Vorgehensweise waren, dass er damit genervt sei,
er anderes zu tun habe. Zur Mangelbeseitigung wäre zuerst
eine genaue Analyse des Vorhandenen, z.B. durch einen neutralen
Sachverständigen, notwendig.
Soweit erkennbar wären die folgenden Schritte/Leistungen
erforderlich:
- Eine genaue
Untersuchungen des Dachaufbaus mit dem Ziel, den Fragestellungen:
- Kann eine
ausreichende Lüftung des Daches hergestellt werden?
- Lässt
der Feuchtegehalt der Wärmedämmung eine "Austrocknung"
zu?
- Ist die
aufgebrachte Abdichtung "voll funktionsfähig"
(oder dichtet nur die Oberlage)?
- Und anderes
mehr.
Zur Prüfung des konstruktiven Dachaufbaus, des Zustandes der
Wärmedämmung und schliesslich - falls notwendig - wäre
eine Öffnung, ggf. das Entfernen der oberen oder der unteren
Schale des Daches notwendig.
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Beim nähren
Hinsehen ist die Arbeit...
Innen wie...

...auch
Aussen überarbeitungsbedürftig.
Aber wer schaut schon so genau hin??
Mit
einem Austausch der oberen Schale wäre es ggf. möglich,
konstruktiv ein Gefälle in der oberen Dachschale wie auch
eine ausreichende Anschlusshöhe an die Tür, die anderen
Anschlüsse herzustellen.
Dies bedingt umfangreiche Massnahmen, verbunden mit entsprechenden
Kosten.
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Der
(teure) Weg
des Rechts
Da zwischen
den Parteien, was die Minderung des Wertes des Anbaus angeht,
keine Einigung erzielt werden konnte, schaltete die Bauherrin
einen Rechtsanwalt ein, verklagte, da sie die gesamte Auftragssumme
bereits gezahlt hatte, den Auftragnehmer.
Nach einem rechtlichen Geplänkel zwischen dem Anwalt der
Bauherrin und des Unternehmers wurde schliesslich beim zuständigen
Landgericht ein Urteil zu Gunsten der Bauherrin gefällt,
was aus meiner sachverständigen Sichtweise gut nachvollziehbar
ist, gerecht erscheint.
Die vielfältigen Regelverstösse, Verstösse gegen
allgemein anerkannte Regeln der Technik, die Forderungen des
§ 633 BGB, „ dass die zu erbringende Leistung die ihr zugedachte
Funktion erfüllen muss„
und schliesslich der gesunde Menschenverstand, der uns sagt, dassdie
hier aufgeführten Mängel die Nutzungsdauer des Gebäudes,
den Wert wesentlich schmälern, zeigen, dass dieses Urteil
durchaus nachvollziehbar ist.
Bedauerlich ist es, dass trotz der verbrieften Fachkompetenz des
Unternehmers er die Chance vertan hat, auf:
- Eine
gütliche Einigung zwischen den Parteien
- Eine
wirtschaftliche Lösung zu erzielen (nun trägt er
auch noch die Gerichts- und Anwaltskosten)
- Den Kunden
durch eine positive Reklamationsbearbeitung an sich zu binden
und somit eine Referenz zu schaffen
- Aus der
ganzen Sache zu lernen.
Vielleicht
hätte er jemanden fragen sollen, der sich damit auskennt,
aber noch ist es ja nicht zu spät.
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Fazit:
Alles aus einer Hand, eine Kundenforderung die immer lauter wird.
Dies darf aber nicht zu einer Minderung der Fachkompetenz, zu
einer Minderung der Qualität, sondern kann, z.B. durch Auswahl
der richtigen Partnerunternehmen, zu einer Erhöhung desselben
führen.
Kompetenz bündeln, z.B. durch die Bildung einer Arbeitsgemeinschaft,
ein eingespieltes Team. Das kann, so habe ich es an mehreren Objekten
beobachten können, die Wirtschaftlichkeit der Baumassnahme
erhöhen, dass Reklamationsrisiko mindern und ein Verkaufsargument
sein, nach dem Motto "Sie bezahlen die Fachkompetenz eines
Fachunternehmens und erhalten dafür die mehrerer".
Es würde mich freuen, wenn Sie aus dieser Geschichte das
eine oder andere lernen konnten.
Ich stehe Ihnen für Fragen, Kritik und Lob gerne zur Verfügung.
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Quellenangabe
Bürgerliches Gesetzbuch
- BGB
DIN 4108 - Wärmeschutz im Hochbau
DIN 1052-1 – Holzbauwerke; Berechnungen und Ausführungen
DIN 18531 - Dachabdichtungen
VOB/B - DIN 18338 - Dachdeckungs- und Dachdichtungsarbeiten Richtlinien
für die Planung und Ausführung von Dächern mit Abdichtungen
- Flachdachrichtlinien
Literaturhinweis
Achtung, noch mehr
Stolpersteine, erschienen in "mikado", WEKA-Baufachverlag, Augsburg,
Ausgabe 10/99
Für immer dicht - das Flachdach ein (un-)-kalkulierbares Risiko?,
erschienen in "Der Dachdeckermeister", Ausgabe 10/98
Fotos
Jürgen Lech,
Büro für DachTechnik, Essen, Esslingen und Coswig (Sachsen)
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